In diesem Beitrag geht es um das Konzept des Posthumanismus – eine Denkweise, die den Menschen als Hypersubjekt ablehnt und stattdessen Pluralität und Verflechtungen fordert. In Zeiten des menschengemachten Klimawandels nehmen diese Thematiken weitreichend an Bedeutung zu und sollten deshalb auch in einem neuen Kunstkanon nicht fehlen.
Nach einer Erklärung des Konzepts Posthumanismus folgt eine Einordnung in den künstlerischen Kontext – wie kann die Kunst posthumanistische Denk- und Forschungsweisen fördern?
Posthumanismus
Posthumanismus ist ein Gegenentwurf zum Humanismus und lehnt somit das Ideal des Menschen als universelles Maß aller Dinge ab. Diese humanistischen Sichtweisen würden Herrschaftsverhältnisse und Asymmetrien in der Gesellschaft hervorrufen und auf lange Sicht zu existenziellen Fehlentwicklungen von planetarem Ausmaß führen. Hier überschneidet sich der Posthumanismus mit Konzepten des Anthropozäns, welches den posthumanistischen Ansporn gibt, den Menschen als Hypersubjekt zu überwinden.
Schon Bruno Latour kritisiert in seiner Akteur-Netzwerk-Theorie die vorherrschende Natur/Kultur- Dichotomie. Stattdessen sollen nach posthumanistischem Vorbild Koexistenzen und Hybridität erkannt und wertgeschätzt werden. Dabei stehen auch nicht-menschliche Wesen und deren Interaktionen im Vordergrund – Symbiosen, biochemische Prozesse und Parasit/Wirt-Beziehungen sollen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden. Konzepte der Umweltethik, wie der Physiozentrismus, können hiermit in Verbindung gebracht werden.
Auch in künstlerischer Hinsicht gewinnen posthumanistische Konzepte immer mehr an Bedeutung. Künstlerische Forschung kann hierbei als Schnittstelle zwischen künstlerischer Praxis und wissenschaftlicher Forschung gesehen und als Tool zur Beschäftigung mit posthumanistischen Themen genutzt werden. Die Werke von Anicka Yi zeigen beispielsweise die Schnittstelle zwischen Technologie und Biologie und nähern sich so dem typisch post-/bzw. transhumanistischen Mensch-Maschine-Konzept, welches in Donna Haraways Cyborg-Manifesto seinen theoretischen Ursprung findet.
Kunst kann hierbei als Werkzeug gesehen werden, durch das man neue Denkanstöße erhalten kann. Jene Denkmuster gehen hierbei über tradierte wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung hinaus.
Quellen
- Braidotti, R. (2016). Die Materie des Posthumanen. Kontexte und Ausblicke des neuen Materialismus. Aufgerufen 15. Mai 2024 von https://www.springerin.at/2016/1/die-materie-des-posthumanen/
- Buhr, E., Feldhaus, T (2021). Monopol-Podcast. Was bedeutet es, heute ein Mensch zu sein? Aufgerufen 13. Mai 2024 von https://www.monopol-magazin.de/anicka-yi-monopol-podcast
- Cress, T et al (2023). Posthuman? Neue Perspektiven auf Natur/Kultur. Brill Fink.
- Hamilton, G., Lau, C. (2024). Mapping the posthuman. New York, Routledge.
- Haraway, D. (1991). A Cyborg Manifesto. Science, technology and socialist-feminism in the late twentieth century. In: Haraway, D. (1991). Simians, Cyborg and Women: The Reinvention of Nature. London, Free Association Books. Schroer, N. (2019). Vom bürgerlichen Blick zum posthumanen Schnitt. In Klein, K. Noll, W (Hrsg.). Postdigital Lanscapes (S. 50-58), Zeitschrift Kunst Medien Bildung.